Note: Content might be outdated!
Tomaž Zaman von Codeable hat einen wunderbar ausführlichen Artikel über die Kosten einer Website mit WordPress verfasst, der hoffentlich ab sofort zur Standardlektüre für Freelancer/innen avanciert.
Zaman beschreibt nicht nur eingehend das Dilemma einer zu preiswerten Dienstleistung und der damit einher gehenden unglücklichen Gestaltung des Projektverlaufs (angefangen damit, dass $kundIn im Alleingang ein Theme bei Themeforest ersteht), sondern rechnet auch präzise vor:
- Was kostet ein Theme in der Herstellung? (bis zu $50.000!)
- Warum sind Themes so preiswert ? (hohe Stückzahlverkäufe, harter Wettbewerb)
- Was kostet eine Website, inklusive Planung, Text, Design und Programmierung wirklich?
Beim letzten Punkt kommt der Autor zu folgendem Ergebnis:
This amounts to $26.400. If we decided to buy a theme, rather than developing our own, the site would still cost $14.400, assuming the bought theme wouldn’t need any modifications whatsoever.
$14.000 Minimum für eine ordentliche Website!
Das unumgängliche kundenseitige „Whaaaaat?!?“ weiss Zaman in angenehmer Unaufgeregtheit zu kontern:
Usually, when I explain these numbers, people ask me why on earth then use WordPress if they’re not saving that much, and the explanation is pretty simple: You’re saving hundreds of thousands of dollars because you don’t need to develop a custom content management system. This is where your savings are.
Auf Deutsch: Man spart mit WordPress – und zwar Hunderttausende – an der Entwicklung eines eigenen CMS. Den Komfort, die eigene Webpräsenz mit einem ausgereiften System selbst pflegen zu können, kriegt man komplett gratis. Und beim Lesen dieser Zeilen kann man sich gerne mal wieder bewusst machen, wie banane selbstverständlich ein so fettes Privileg zu nehmen man sich zur Gewohnheit gemacht hat.
Tomaž Zaman ist kein Träumer, sondern Geschäftsmann; er weiss, dass 14 Riesen für das Marktsegment, in dem Freelancer/innen sich in der Regel bewegen, kaum realistisch sind. WordPress lässt eben auch eine Menge Raum für DIY, für engagierte Eigenleistung, und darin sieht der Autor den eigentlichen Vorteil des Frameworks:
Of course, even $14.000 is quite steep for someone just getting started with an online business, which is why it’s completely possible to cut a few corners and follow each of the steps above on your own—the end result probably won’t be as effective, but done is better than perfect. And that’s why we all love WordPress: because it allows us to get things done.
Den Originalbeitrag kannst und solltest du bei Codeable lesen:
How much does a WordPress site really cost?
Hmm … ich finde das trifft irgendwie die Realitäten nicht. Die Warheit ist doch, eine Webseite (mit Worpdress. Oder Drupal) kann man doch auch schon selbst mit professionellem Anspruch für deutlich weniger als 14.000 Euro aufsetzen. Habe ich gerade gemacht. Für einen pro bono Kunden. 7:10 Minuten hat’s gedauert. Dann war alles fertig. Sogar die Domain umgezogen.
Aber je nachdem, was man als Kunde möchte, ist man ja auch schnell bei 40-50 oder sogar jenseits der 100 Personentage Arbeit. Also wirklich und echt: 100 Tage Arbeit kann man gaaaanz schnell investieren.
Ich bin immer wieder _zutiefst_ fasziniert von der Diskrepanz zwischen den 7-Stunden- und den 100-Tages-Projekten. Aber es ist wirklich so.
Hi Ben, ich denke, der „professionelle Anspruch“ bildet hier den Schlüsselbegriff. Natürlich kann und wird deine Leistung immer „professionell“ sein, wenn du als Webentwickler dein Handwerk kannst.
Zaman beschreibt aber ein Leistungsprofil und einen Projektverlauf von der Kundenanfrage bis zur fertigen Website, in denen solche Sachen wie Planung, Beratung, Konversionen definieren, Texte schreiben und ein eigenes Design vorkommen. Letzteres streicht er dann noch zusammen, um auf die 14k zu kommen, aber den Rest lässt er, als den, im Sinne eines professionellen Ergebnisses, wünschenswerten Projektverlauf, stehen.
Ich persönlich gebe ihm recht. Der entscheidende Wert, an dem sich eine professionelle Website von einem schön dekorierten Haufen HTML unterscheidet, ist die Konversion. Die ist auch nur bis zu einem gewissen Grad zu normalisieren, danach wird’s individuell. Daher können Kauf-Themes auch nur den dekorativen Teil für die Konversion zusteuern; um die Inhalte müssen sich Profis kümmern.
Eine Website, die ein zuvor definiertes Ziel messbar erfüllt – nämlich Besucher/innen an Punkt X dazu zu bringen, eine vom Betreiber intendierte Aktion auszuführen, mit der sie mindestens ein „Lead“, wenn nicht gleich „Kunde“ oder „Kundin“ werden – kriegt man, beim besten Willen, nicht für ein paar hundert Euro gestemmt.
Zu diskutieren wäre imo, welche Investition eine Website rechtfertigt, die nicht explizit auf Konversion ausgerichtet ist, z.B. weil die o.g. Projektschritte bei ihrer Herstellung nicht berücksichtigt wurden.
7h 10 Minuten? Da waren aber noch keine Inhalte dabei, oder?
Warum liegen die Meinungen über vertretbare Kosten einer Website immer und überall so weit auseinander? Meines Erachtens liegt das daran, dass sich die einen auf die reine, handwerkliche Erstellung einer „Website“ beziehen und andere von der Konzeptionierung und Umsetzung eines kompletten individuellen Online-Vermarktungssystems sprechen. Beide glauben aber, über das gleiche zu reden.
Das komplette Online-Vermarktungssystem muss auf das individuelle Business inkl. der zur Verfügung stehenden Ressourcen abgestimmt werden. Dies entspricht eher einer aufwendigen Unternehmensberatung. Dies kann auch bei kleineren Unternehmen schnell einen fünfstelligen Betrag kosten.
Das Schöne: Gerade in der Größenordnung „KMU“ ähneln sich die Online-Vermarktungssysteme sehr stark innerhalb der gleichen Branchen. Das China-Restaurant in Berlin wird ähnliche erfolgsversprechende Vorgehensweisen in der Online-Vermarktung anwenden wie das China-Restaurant in München. Daher können hier durchaus erfolgsversprechende „Vorlagen“ herhalten, die dann nur individualisiert werden müssen.
Bitte nicht vergessen: Das durchschnittliche Marketingbudget von KMU lag laut GFK-Studie im Jahre 2012 in Deutschland bei 5.822 Euro pro Jahr. Daher muss gerade hier zwangsläufig gelten: „Das Rad nicht neu erfinden, sondern auf erfolgsversprechende Vorlagen zurückgreifen“. Dann klappts auch mit den vertretbaren Kosten für eine Website.
@Denis Danke für den Kommentar!
Genau.
Hilfe, ein „nur“! 🙂 Je nachdem, wie du den Begriff „Vorlagen“ definieren möchtest, gebe ich dir entweder recht, oder muss vehement widersprechen.
„Vorlage“ im Sinne von: eine standarisierte Vorgehensweise bei der Konzeption, wie in dem Beispiel mit den beiden Restaurants angedeutet?
Ein erfahrener Online-Marketeer wird sicherlich Module parat haben. Aber wenn man sich von der Masse abheben möchte, kommt man doch sicher an einem gewissen emotionalen USP nicht vorbei, oder wie siehst du das? Lässt sich ein individuelles Profil komplett mit Standard-Modulen abbilden?
Oder meinst du „Vorlage“ im Sinne eines Themes von der Stange, das „nur“ noch individualisiert werden muss?
9 von 10 Freelancern, die ihr Handwerk verstehen und täglich mit solchen „nur-noch“-Anfragen konfrontiert sind, werden dir zu dem tief sitzenden Dilemma dieses „nur“ aus dem Stand eine Grundsatzrede halten können. Bei vielen gekauften „Vorlagen“ wird deren Individualisierung, unterm Strich und unter Berücksichtigung des meist suboptimalen Ergebnisses, empfindlich teurer, als ein eigenes, individuelles Theme. Nur zahlt den Preis selten allein $kundIn. Meist bleiben die Dienstleister/innen auf versteckten Kosten sitzen.
Es stimmt aber, gerade bei einem Theme muss man das Rad trotzdem nicht neu erfinden. Deswegen hat der Autor des Originalartikels das Design ja auch gleich mal aus der Gleichung genommen.
Mit „Vorlage“ meine ich insbesondere die Strategie und Herangehensweise in der Kommunikation bzw. Werbung über das Internet. (Welche Kanäle werden wie intensiv und mit welchen Inhalten bespielt? Wie werden die Inhalte konzeptionell aufbereitet? usw.)
Die Gestaltung der Website ist lediglich eine logische Konsequenz aus dieser „strategischen Vorlage“.
Beispiel:
Wenn ich vorhabe, einen gut konvertierenden Online-Shop zu konzeptionieren, dann sollte ich mir die Website von Amazon, Zalando, etc genauer anschauen. Diese investieren jedes Jahr viel Geld für Conversion-Optimierung. Und das Ergebnis dürfen wir alle kostenlos im Web betrachten. Diese Websites (Positionierung der Elemente, Nutzerführung, Ansprache der Nutzer etc., Traffic-Kanäle) dienen zumindesz im Grundsatz als Best-Practice. In der Reisebranche scheint mir beispielsweise booking.com ein Best-Practice zu sein.
Wer die wesentlichen konzeptionellen Grundsätze dieser Shops auch für seinen eigenen Shop anwendet, der macht mit hoher Wahrscheinlichkeit automatisch vieles richtig. Logische Konsequenz: Der Gestaltungsspielraum meines eigenen Shops ist durch die wesentlichen konzeptionellen Grundsätze der „Best-Practices“ limitiert. Mein Vorteil: Die „konzeptionelle Eigenleistung“ des Diensleisters nimmt ab (wird also günstiger) und ich minimiere damit gleichzeitig das Risiko, dass das Konzept nicht funktioniert. Es ist schließlich schon am Markt erprobt.
Das führt mich zum Thema „USP“:
Hierzu müsste man erstmal definieren, über welchen Aspekt wir hier genau sprechen. Wenn es beispielsweise um das Thema Positionierung geht, dann gibt es auch hier für jede Positionierung (Billig, Premium, etc.) Best-Practices, was die Kommunikationsstrategien und inhaltlichen Konzepte anbelangt. Der Inhalt selbst ist dann natürlich individualisiert.
USP kann sich nicht über die wesentlichen Grundsätze des Marketings hinwegsetzen. Wenn ich mir anschaue, wie viele durchgestylte und teure Websites noch nicht einmal simple Handlungsaufforderungen (Grundsatz im Marketing) beinhalten, dann ist das aus meiner Sicht ein Beispiel für „gewollter und falsch verstandener USP“ der am Ende nicht zielführend ist.
Mein Ansatz für KMU und Low-Budget-Marketing lautet also vorsichtig ausgedrückt: „Besser günstig und erfolgreich inspiriert, als teuer und erfolglos individualisiert“.
@Denis Hört sich plausibel an. Dass eine funktionierende Marketing-Strategie im Low-Budget-Bereich möglich sein könnte, ist tatsächlich ein neuer Aspekt für mich persönlich. Ich dachte immer, Technik und Design lassen sich bis zur Schmerzgrenze einsparen, aber Marketing sei automatisch teuer. Muss anscheinend nicht sein, danke für die Horizonterweiterung!
Der Artikel von Codeable trifft voll ins Schwarze. Über die Zahlen kann man diskutieren, über die generelle Vorgehensweise aber kaum. Der wesentliche Satz lautet „Before starting with any kind of development, you need to plan your website“.
Leider findet genau das oft nicht statt. „Ich möchte eine Website, welches Theme können Sie empfehlen“ oder „ich habe schon mal das Theme XY gekauft“ ist sehr viel häufiger anzutreffen.
@Michael Ist die Erwartung, dass $kund_innen so einen Workflow kennen sollten, denn überhaupt realistisch? Bis zu der Frage nach einem Theme o.ä. wäre für mich noch alles ok — die Antwort finde ich entscheidend. Wird $kund_in abgeholt mit einem verständlichen, plausiblen Statement zum Workflow der Agentur, inklusive der Erklärung einzelner Schritte? Wenn so was nett aufbereitet ist, kann man damit sogar gleich die Standards für ein zukünftiges Vertrauensverhältnis setzen.
Natürlich kennen viele Kunden den Workflow nicht. Deshalb geben ich ihnen auch ein Briefing Dokument an die Hand, dass sie ausfüllen können. Das hilft oft nicht nur mir um die Anforderungen zu verstehen, sondern auch dem Kunden sich seiner Anforderungen erst mal bewusst zu werden. Das wird gerne genommen.
Trotzdem finde ich es immer wieder erschrekend, wie wenig Gedanken sich manche Menschen im Vorfeld zu einem solchen Projekt machen. Wäre es ein Autokauf (oder auch nur der Kauf eines Laptops) würden sie sich sehr viel mehr Gedanken machen.
Das würde jetzt off-topic, aber gesellschaftlich finde ich das hoch interessant … 😉