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„Hat WordPress seinen Zenit überschritten?“, fragt Vladimir. WordPress sei kompliziert, langsam und unsicher.
Mag sein. Und:
Vielleicht ist das ja auch ein Spiegelbild der Community drum herum?
Vielleicht wäre es an der Zeit für uns (?) alte Säcke, dass wir unseren Hut nehmen und WordPress Anderen überlassen? Denen mit frischem Blick, die nicht den Ballast von 14 Jahren Produktgeschichte mit sich tragen, und die Erwartungen, die sich daraus unweigerlich formen?
Vielleicht wäre es aber auch an der Zeit, dass wir uns ernsthaft (ernsthaft!) daran beteiligten, wirkungsvolle Strategien für die Zukunft dieses Systems zu etablieren? Zum Beispiel, wie wir Übersetzer/-innen nachhaltig fördern anstatt bashen könnten?
Ist ein Zenit nicht eine Frage des Stand-Punkts (sic)?
Ich sehe es anders herum. Die Community ist ein Spiegelbild der Software und mit Version 4.8 hat sich die Entwicklung von WordPress endgültig in Richtung „Wie kann ich einen finanziellen Vorteil aus der Software erreichen?“ bewegt.
Die Community ist längst nicht mehr entscheidend für die Zukunft von WordPress. Spätestens die Übernahme des Release-Leads durch Matt zeigt, dass er bestimmen möchte, in welche Richtung sich WordPress entwickeln soll, damit Automattic weiter Gewinn machen kann. Er hat in seiner Keynote angekündigt, dass der Fokus von v4.8 auf dem Customizer liegt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass zu Beginn der Entwicklung von 4.8 nach Community-Wünschen gefragt wurde, wie es bei vorherigen Versionen der Fall war.
Weiterhin kündigte er an, dass bald die TOP 100 Plugins vollständig in verschiedene Sprachen übersetzt sein werden. Die „Community“ wurde davon überrascht, dass sie dies leisten soll, aber die 100 TOP-Plugins in verschiedenen Sprachen sind aus seiner Sicht natürlich ein wunderbares Verkaufsargument. Die unbezahlte Community wird damit vollständig in das Geschäftsmodell von Automattic eingebunden..
Daran kann auch frisches Blut nichts ändern. Die Leute werden wahrscheinlich einfach verheizt. Entweder sie entwickeln an den Teilen, die von Automattic in den Fokus gestellt werden oder ihre Anstrengungen werden einfach ignoriert. An einer solchen Community beteiligt man sich nur, wenn man mit WordPress Geld verdienen möchte. Idealisten werden schnell das Handtuch werfen.
Die WordPress-Community stirbt und wird nur noch von den alten Männern am Leben gehalten.
Weitestgehend d’accord, was die Beobachtungen angeht, aber die Schlussfolgerung ist mir etwas zu einseitig. Es gibt, abgesehen von den Alteingesessenen, mittlerweile Hunderte kleinere und größere Agenturen, für die WordPress zum Geschäftsmodell gehört. Einige beteiligen sich mit Sponsorships für WordCamps, aber wirklich aktive Mitarbeit an WordPress leisten die wenigsten.
Automattic fallen deswegen so auf, weil ihr CEO gleichzeitig BDFL ist und weil sie aktiv Einfluss ausüben. Einfluss zu nehmen und die Entwicklung voranzutreiben ist aber prinzipiell nichts Schlechtes! Nicht gut ist, wenn nur Automattic (und 2-3 andere) es machen. Nur, da müssen sich andere Agenturen imo an der eigenen Nase packen: Wenn man als einzelnes Unternehmen keine aktive Einflussnahme stemmen kann, muss man sich halt mit Anderen zusammen organisieren und gemeinsam finanzierte Stellen für Contributors schaffen.
Dass die Zeit für Idealismus als Motivation zur Beteiligung vorbei zu sein scheint – vielleicht, aber inwieweit das relevant ist, kommt sicher auch auf den Standpunk an. Wer die „gute alte Zeit“ nicht erlebt hat, wird ihr auch nicht nachtrauern, sondern sich in der gegenwärtigen Umgebung orientieren. Und wenn andere Unternehmen als Automattic WordPress nach ihren Anforderungen mitgestaltet sehen wollen, müssen sie schleunigst zusehen, fähige Leute in die .org-Teams zu kriegen. Human Made könnten in dieser Hinsicht imo als Vorbild gelten: Erfolgreich als Agentur, und massiver Einfluss auf .org, z.B. mit der REST API, aber auch mit einer Team-Leiterin bei den Polyglots (obwohl die Agentur selbst nativ anglophon ist).
Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Wer sich in der Community bewegt, wird ja einen Eindruck davon haben, was viel diskutiert wird. Andererseits sollte ein Chef-Entwickler auch einen Blick auf das große Ganze haben. Da können andere Entscheidungen wichtiger sein.
Henry Ford hat einmal gesagt: „Wenn ich meine Kunden gefragt hätte, was sie wollen, hätten Sie ’schnellere Pferde‘ geantwortet.“ Stattdessen hat Henry Ford verstanden, dass die Menschen bezahlbare Mobilität wollten und die Serienproduktion beim Auto etabliert.
Nur weil jemand Geld mit WordPress verdient, heißt es nicht, dass es nicht das Beste ist, was er damit vorhat. Die Bedrohung für WordPress ist nicht innerhalb der Community, sondern außerhalb.
WordPress konkurriert mit all den sozialen Netzwerken darum, untechnischen Menschen das Veröffentlichen zu ermöglichen. Wenn dieser Teil der Community zu anderen Anbietern abwandert oder gar nicht erst zu WordPress kommt, dann ist das schlecht für WordPress. Das System muss deswegen bereits in der Basis-Version eine ganze Reihe von den „Zipp und Zapp“ enthalten, das Caspar in seinem Talk in Nürnberg als Ballast kritisiert. So haben gerade diejenigen, die WordPress frisch installiert haben, den Eindruck, dass sie ALLES damit können.
Für diejenigen in der Community, die für ihre Kundenprojekte ein Kern-Wordpress brauchen und darauf ganz bewusst ihre Themes entwickeln und ihre Plugins installieren, wird WordPress dadurch zur Bloatware. Denn läuft eine Seite erst einmal, dann spielt der Customizer überhaupt keine Rolle mehr. Der ist einfach nur eine Menge Code, der rumliegt und von Custom-Themes bedient werden will, ohne dass ihn irgendwer dann noch nutzt.
Bei Postnuke wurden damals alle Funktionen in Module ausgegliedert. Der Core hat eigentlich nur dafür gesorgt, dass man Module, Themes und Widgets installieren konnte usw. Benutzerverwaltungs usw. waren Module. Wenn man dann nach der Neuprogrammierung den Zikula-Core installiert hat, konnte man damit im Prinzip gar keine Seite mehr betreiben. Man musste erst ein News-Modul installieren, ein Kommentar-Modul, einen WYSIWYG-Editor usw.
Für Leute, die wissen wohin sie wollen, ist das total super. Für Neulinge ist es eine Katastrophe. Zu meiner Zeit ist es nicht mehr dazu gekommen, dass jemand Distributionen erstellt hat, in denen zum Beispiel ein Blog-System bereits komplett vorkonfiguiert ist.
Soweit ich das verstehe, werden bei WordPress neue Core-Features zunächst als Plugins implementiert und dann ggf übernommen. Vielleicht sollte man das gar nicht erst tun. Vielleicht sollte man auch bei WordPress den Core von den Benutzerfunktionen trennen – und das ist ja irgendwie, auf was die REST-API den Core vorbereitet hat.
Ihr könntet euch für Eure Projekte dann ein WordPress zusammenklicken: „Core + Blog + Seite + ContactForm + Deutsche Sprache + X + Y“
Otto Normaluser würde einfach das Standard-Paket nehmen, in dem all das drin ist, was heute schon drin ist, und was Automattic für richtig hält.
Hmm … ich hab den Artikel drüben bei Perun auch gelesen und mich doch etwas gewundert. Es scheint mir eher, als gäbe es da einen sozialen Bruch, als dass WordPress als Redaktionssystem seinen Zenith überschritten hat. Aber ich fang mal von vorne an …
… ich bin ja Teil einer Agentur, die sich als cms-agnostisch versteht: Seit Anfang an machen wir WordPress und Drupal. Aus voller Überzeugung. Wir lieben beide Systeme und haben genug Projekte gemacht und gesehen, um zu wissen, dass der Erfolg eines Projektes (auch und gerade im Betrieb der Seite, also nach dem Launch) nicht wirklich vom System abhängt, sondern von der Zufriedenheit des Kunden damit. Und die Gründe dafür sind vielfältiger, als wir uns vorstellen. Deswegen sagen wir Kunden, die zu uns kommen und wollen, dass wir ihr geliebtes Typo3 neu machen sollen nicht, dass sie zu WordPress oder Drupal wechseln sollen, sondern, dass sie ihr Typo3 behalten sollen (und es gibt viele, die mit Typo3 auch noch zufrieden sind). Auch wenn inzwischen mein Herz an WordPress hängt … der Tag an dem wir als Agentur erkennen, dass wir damit keine erfolgreichen Projekte mehr machen können, wir der Tag sein, an dem wir ohne Zögern beschliessen werden, auf andere Redaktionssystem zu setzen. Deswegen schauen wir uns regelmässig um, was sich so tut, was es so gibt.
Als es anfing, dass Redaktionssyteme bei Kickstarter finanziert werden, dachte ich für ein paar Jahre, dass sich was ändert, dass jetzt wirklich Bewegung in den Markt kommt. Aber das ist nicht passiert. In so ziemlich jedes Redaktionssystem, dass ich in den letzten Jahren reingeschaut habe, fehlen meist essentielle Dinge, die wir als Agentur immer gezwungen wären nachbauen zu müssen. Das kann man niemandem erklären, dass man ein Redaktionssystem empfiehlt, dass deutlich weniger Funktionen hat, als die Redaktion mein zu brauchen, die aber „nebenan“ zu haben sind. Wenn die irgendwann mal alle dasein sollten … selbst dann wäre ich vorsichtig von einem Zenith zu sprechen. Denn …
… zwei zentrale Erfahrungen, die ich gemacht habe sind die: Die meisten Kunden haben soviel Ahnung von Redaktionssystemen, wie ich von Autos. Sie kennen ein paar die Markennamen. Vielleicht noch die eine oder andere Randnotiz, aber dann ist schon Ende. Sie verlassen sich darauf, dass wir ihnen sagen: Wir können das schnell genug machen; wir können das sicher machen. Genauso wie ich mich auf einen Autoverkäufer verlassen müsste, wenn ich denn je ein Auto kaufen würde. Ich habe gar keine andere effektive Option als Vertrauen. Und das Vertrauen ist ja nicht ungerechtfertigt. Es basiert auf zwei Fundamenten: Erfolgreiche Projekte, die wir gemacht haben (sowohl auf der Webseite nachzulesen, aber viele Kunden kennen bereits andere Kunden von uns) und Hörensagen von deren Partner und Markbegleiter. WordPress ist nicht O2, deren Marke jeder Bundesdeutsche einmal am Tag sieht. WordPress lebt im b2b Feld von Mund-zu-Mund-Propaganda, so absurd das auch klingt. Und das bedeutet: Je grösser der Marktanteil ist, desto mehr hören die Menschen davon, desto mehr vertrauen sie der Marke.
Das hat auch noch einen anderen Nebeneffekt: Praktisch in jeder Redaktion sitzt immer min. eine/r der/die schon mit WordPress gearbeitet hat, sie es privat oder beruflich. Und diejenigen, die über ein Redaktionssystem entscheiden, verlassen sich oft auf die, die damit arbeiten müssen. Und auch das ist ja gut so (das beste Redaktionssystem ist das, mit dem die Redaktion zufrieden ist, s.o.). Also auch über den Weg ist Marktanteil ein wichtiger Vorteil für WordPress, bzw. ein zentraler Faktor für den Erfolg eines Systems. Das erklärt übrigens auch, den anhaltenden Erfolg von Typo3, denn die meisten Anwender und Entscheider in Deutschland reden halt zuerst mit Bekannten in Deutschland.
Wenn drüben bei Perun also von einem Überschrittenen Zenith geredet wird, dann schaue ich zuerst auf die Marktanteile. Ich hab mal aus dem Stand versucht Zahlen zu googlen, die genauen Zahlen sind vermutlich ziemlich egal. WordPress hat fünf bis zehn Mal soviel Marktanteil wie das nächst kleinere System. Ich versuche mir gerade, das umgerechnet auf Autos vorzustellen … egal.
Was ich sagen will: Performance und Sicherheit halte ich nicht für sinnvolle Anhaltspunkte für einen überschrittenen Zenith. Drupal – das an zweiter oder dritter Stelle nach WordPress bei den Marktanteilen kommt – ist in der aktuellen 8er Version sooo langsam, dass man es ohne eine Frontendcache eigentlich gar nicht betreiben sollte. Aber: Ist ist auf Code-Seite mit Sicherheit das bessere System als WordPress. Code-Qualität kostet eben Performace. Und dass WordPress inzwischen langsamer ist, als früher würde ich eher der Bemühungen der letzten 5 Jahre zuschreiben, den Core sauber und flexibler zu machen. Und WordPress war schon immer unsicher, ja „Unsicherheit“ ist der zentrale Ruf, der dem System vorauseilt, es ist sein zweiter Vorname. Aber es ist kein Grund es nicht zu verwenden. Ich würde inzwischen sogar soweit gehen zu sagen: Sicherheit ist keine Eigenschaft des Systems, sondern eine, die sich aus der Verwendung ergibt. So wie ein Auto auch sicherer oder weniger sicher sein kann, weit entscheidender aber die Frage ist, ob ich ein sicherer Fahrer bin, oder nicht.
Und jetzt die erstmal letzten drei Punkt (der Kommentar ist ja eh schon viel zu lang): Usability, Usability und Usability. Und damit meine ich eben nicht nur die schlicht „ease-of-use“ sondern eben auch die Funktionen, die im Core einfach schon da sind und genau das machen, was Redakteure (früher oder später) haben wollen und zwar genau so, wie Redakteure es haben wollen.
Dazu noch vorneweg: Es gibt bei Redaktionssystemen in Sachen Benutzbarkeit eine doppeltes Spektrum, wie ich glaube. Das eine Spektrum erstreckt sich entlang dieser Fragen: Wie nah dran an dem, was ich im Frontend sehe sind meine Bearbeitungsdialoge? Wenn ich etwas im Frontend sehe … wie weit ist der Weg, das zu ändern (nicht nur in Klicks, sondern auch und gerade gedanklich)? Diese Frage zielt also auf die Benutzerwege und deren Präsentation. (Typo3, dass ja, wie ich finde gar kein Content-Management-System ist, sondern ein Web-Layout-System macht hier übrigens einen sehr gut Job, eben weil es sich nur auf das Sichtbare konzentriert).
Das zweite Spektrum erstreckt sich entlang der Fragen: Ich habe eine (meist neue) Idee, was passieren soll, kann mein System das überhaupt, oder brauche ich dafür ein Plugin / einen Programmierer / eine Agentur? Diese Frage erstreckt sich also entlang des Featuresets.
In beiden Fällen ist es eigentlich fast unumgänglich als Redakteur die gedanklichen, abstrakten Konzepte verstanden und verinnerlicht zu haben. Was ist ein Post, was ist ein Post-Type, was ist eine Taxonomie, was sind Menüs und warum sind die von den eigentliche Inhalten abstrahiert und immer so weiter. Am Ende muss man als Redakteur quasi da Datenbankmodell und Teile der Geschäftslogik nachvollzogen haben, um wirklich effektiv mit dem System zu arbeiten und viele versierte Anwender haben das quasi, was man als Programmierer merkt, wenn man mal länger mit denen spricht oder zu tun hat. Sehr schön ist das übrigens.
So … nun aber zum Schluss, bzw. der Schlussfolgerung: Redaktionssysteme sind immer komplex. Je sauberer/komplexer ist meine Inhalte modelliere / modellieren können will, desto komplexer sind sie. Sprich: Komplexität kann ich nur reduzieren indem ich Funktionalität entferne. WordPress geht da – wie ich finde – seit vielen Jahren einen ziemlich guten Mittelweg: Das eigentliche Datenmodell ist relativ einfach und gerade so abstrakt, wie es nötig ist, um „richtiges Content-Management“ zu machen (as opposed to Web-Layouting, wie Typo3), aber nicht so komplex und abstrakt, wie bswp. Drupal. Und es hält mehr oder weniger vehement an dieser Struktur fest: Posts, Terms, Postmeta, Menus (zweites Spektrum). Damit bauen wir unsere Seiten, basta. Parallel dazu wird Release für Release versucht, die Benutzbarkeit (erstes Spektrum) von diesen Dingen zu verbessern und auf die Bedürfnisse von Redaktionen zu hören, was ja ein sooo kluger Prozess ist, dass die Jungs und Mädels von Drupal sich sogar jetzt dieses Entwicklungsmodell auch zu eigen machen werden.
Ich bitte die Länge des Kommentars zu entschuldigen. Ich habe Elternzeit, bin seit 5:30 wach und das Thema ist einfach zu spannend, um es zu kurz auszuführen. 🙂
tl;dr
Ich glaube die Punkte auf perun sind eher schlechte Anhaltspunkt für den Zenith eines Redaktionssystems. Ich kann selber aber auch nicht genau sagen, was viel bessere sind, denke aber, dass Marktanteil und Usability wichtige Faktoren sind. Ausserdem vermute ich, dass das Thema des Artikels bei perun und der Diskussion hier ein sozialer Grabenbruch ist, dem theoretisch zwar das Überschreiten eine Zeniths folgen kann, aber ich eher vermute, dass das nicht der Fall ist.
Letztes Wort (als Versuch, auch noch „eurem“ Thema gerecht zu werden): Ich weiss es auch nicht, aber … wie sähe eine idealtypische, ein fast utopisches Setup für ein Open Source Redaktionssystem und dessen Community und wirtschaftliche Ökoniesche aus? Ich weiss es selber nicht rätsele da auch schon eine Weile dran herum …
Ich sehe mich durch deinen Kommentar in meiner Meinung bestätigt, denn Du siehst WordPress als Redaktionssystem. Das ist auch nicht zu beanstanden, denn das ist der Weg den WordPress gehen will und gehen wird und für Eure Agentur ist es die richtige Software, Eure Kunden sind zufrieden.. Da widerspreche ich Dir nicht!
Aber:
Die Mehrzahl der WordPress-Installationen sind keine von Agenturen aufgesetzten Redaktionssysteme, sondern sie betreiben kleine Blogs (wie meines auch) und durch sie entsteht der Marktanteil von ich glaube jetzt 28%.
Für ein kleines Blog brauche ich allerdings kein Redaktionssystem, sondern etwas leichteres, wie es WordPress bis ca. zur Version 3.3 war, und meiner Meinung nach ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass sich die Betreiber dieser Blogs nach Alternativen umsehen werden. Aus Sicherheitsgründen sind sie gezwungen, immer die neueste Version zu benutzen und die Neuerungen sind eher Ballast und machen das System nur fetter ohne das es für sie Vorteile bringt.
Im Moment sieht es mit diesen Alternativen noch etwas mau aus (Flat-File-Systeme sind noch etwas zu nerdig), aber der Bedarf wird IMHO demnächst Entwickler auf den Plan rufen.
Nun zu dem Gedanken hinter meinem Tweet: Die Abwanderung dieser Nutzer zu anderen Systemen wird die Prozentzahlen der mit WordPress betriebenen Webseiten nach unten drücken. Das war mit „passed its peak“ gemeint.
Einwurf von der Seite: Stimmt, das ist bei so gut wie jeder modernen Software der Fall. Siehe z.B. Apple. Weswegen ich ja gerne mal etwas bauen würde, dessen UI dann bis in alle Ewigkeit gleich bleibt (schnalz) …
Danke für die Klärung, der Kontext deines ursprünglichen Tweets war mir persönlich bei der Lektüre von Vladimirs Artikel in der Tat etwas abhanden gekommen.
Wowza, danke, Ben! 😀 Wie immer eröffnet deine Sicht aus der Agentur-Ecke für mich neue Horizonte. Bin einfach zu lange im Produktgeschäft unterwegs, um einen solchen Blickwinkel auf WordPress als Redaktionssystem aus eigener Vorstellung zu schaffen – und umso dankbarer, wenn mir jemand wie du entsprechend auf die Sprünge hilft.
Keine Ahnung, aber ich tweete das mal. Vielleicht kennt jemand Bespiele?
Hallo Ben,
die Sicht aus der Agentur finde ich ebenfalls interessant und wie ich bereits nachträglich im Podcast festgestellt habe, wird es WP noch viele Jahre geben, da es viele Dienstleister gibt, die auch in ein paar Jahren nach wie vor gutes Geld mit WP verdienen werden.
Mir geht es im Prinzip um ähnliche Aspekte, wie Latz sie nennt. WP wurde in den ersten Jahren nicht nur durch Nerds sondern durch viele einfache Nutzer getragen und bekannt gemacht, die zwar keine Profis sind, aber denen diverse Webthemen keine böhmische Dörfer sind. Viele von denen betreiben sogar mehrere WP-Installationen.
Bis vor einigen Jahren konnten diese Leute diverse Probleme rund um WP größtenteils selbständig meistern. Nun ist aber WP und alles was damit zusammenhängt (Themes, Plugins, Sicherheit) etwas anspruchsvoller geworden. Und entweder man verwendet mehr Zeit um sich mit dem auseinanderzusetzen oder man beauftragt jemanden. Das können sich die Leute, aus einer Reihe an Gründen, nicht alle leisten. Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass nicht jeder Selbständige Großverdiener ist und viele betreiben eine selbständige oder freiberufliche Tätigkeit im Nebenerwerb. Man darf nicht vergessen, vor allem wenn man sich z.B. die Schweiz oder Österreich anschaut, dass Deutschland ein Niedriglohnland ist.
Diese Leute müssen dann eine Kalkulation aufstellen: lohnt es sich, dass ich zusätzliche Zeit und/oder Geld in die eigenen WP-Installationen stecke oder schaue ich mich nach etwas einfacherem um? Für viele steht dann ein Facebook-Auftritt als interessante Alternative dar, zumal sich dort viele aus dem Zielpublikum (Leser von Buchautoren z.B) bereits befinden.
@Latz: Ah, ja, als ich den Kommentar abgeschickt hatte, fiel mir ein, dass ich das vielleicht noch hätte ergänzen können: Ich hab die Agentur-Perspektive hier nur gewählt, weil ich den Eindruck hatte, dass ich da im Diskurs am meisten Beitragen kann. Die ist aber weder meine einzige noch meine erste Perspektive: Als ich die Agentur gegründet habe, feierte mein Blog schon seinen 10ten Geburtstag. In den ersten zehn Jahren habe ich zuerst auf einem kleinen abgewandelten (file-basierten) Kommentar-Skript (100 Zeilen, einschl. HTML!) gebloggt, dann auf WordPress, dann eine Weile auf Drupal und dann sogar wieder auf einem eigenen System (auch file basiert), nur um dann etwas nach dem 10ten Geburtsag wieder zurück zur WordPress zu kommen, wo ich selber seither bestens zufrieden bin und nicht einmal einen Wechselwunsch hatte. Im Gegenteil: Ich hab im letzten Jahr sogar ein Multisite-Setup draus gemacht und alle anderen Sites von mir auch mit reingezogen und bin zufriedener denn je.
Ich gebe allerdings gerne zu, dass ich da als Blogger-und-Entwickler latürnich auch noch mal aus einer priviligierteren Position spreche, als jene Blogger, von denen Du sprichst. Aber auch die Perspektive kenne ich immerhin relativ gut: Ich hab schon vor Agenturzeiten immer Freunden (und der Familie) geholfen, mit WordPress-Websites aufzusetzen und im Betrieb zu halten. Für viele von denen gilt im Grunde auch das, was ich oben erwähnt habe: WordPress hat alleine durch seine extrem hohe Usability und Konzentration auf Blogger und Redaktionen sowie seinen hohe Verbreitung einen extrem guten Stand, auch und gerade weil viele nach einer Weile versiert genug sind, sich Plugins und Themes selber zu installieren, einzurichten und zu bedienen. Davon abgesehen richten sich ja viele neue Entwicklungen in der Blogszene (die teilweise sogar an mir vorbeigehen) zuerst an WordPress-User. Da verbreiten sich Tools und Plugins in verblüffender Geschwindigkeit und vieles, was in WordPress inzwische im Core ist, würden auch die Blogger in neuen Systemen vermissen.
Heitere Randnotiz: Defakto hat sich inzwsichen einiges umgekehrt. Vieles von dem, was selbst in WP 4.3 schon Teil des Core war, ist in proprietären Redaktionssystem-System gar nicht vorhanden und muss für Tagessätze weit jenseits denen einer WordPress-Agentur nachprogrammiert werden! Das war in den letzten Jahren sehr erheiternd, wenn man mit Redaktionen spricht und die ihre Wünsche nennen und man denen sagen kann: Das bekommt heute jeder Blogger geschenkt. Das ist Teil des Core. (Ich verwende „Redaktionssystem“ überirgens als Synonym zu „CMS“ und würde sogar sagen, dass WordPress schon min. seit der Version 2.0 – die erste mit der ich gearbeitet habe – ein Redaktionssystem ist.)
Mehr Inhalt, weniger Kunst: Ich würde mich sogar soweit aus dem Fenster lehnen und sagen: WordPress sitzt so fest im Sattel, wie nie zuvor, mehr noch: Eher noch als das Risiko eines überschrittenen Zeniths (was ja für Agenturen, Entwickler, Firmen und Blogger, die das jetzt nutzen) sehe ich das Risiko eines Monopols und einer „too big to fail“ Position, die Automattic tatsächlich erlauben könnte das zu machen, was jetzt befürchtet oder schon gesehen wird. Wir haben ja gesehen was aus Googles „Don’t do evil“ wurde.
Aber: Das soll auch nicht heissen, dass ich die Schwächen nicht sehen. Performance und Sicherheit sind definitiv Probleme, und nur die oberfächlichsten und offensichtlichsten. Und Brain-Drain wichtiger Entwickler, die Multiplikatoren und Gallionsfiguren der Community sind, ist latürnich eines der aller grössten Risiken, ganz ohne Frage. Auch die Abwanderung Richtung Facebook (und ähnlicher Anbeiter, Wix z.B. hat auch beeindruckende Wachstumszahlen, wenn sie denn stimmen) halte ich für ein Risiko.
Ich versuche aber mal aus meinem Kommentar noch einen eigenen Blogartikel drüben bei mir zu produzieren und dabei den Fokus etwas mehr auf meine abschliessende Frage zu richten: Was sieht eigentlich eine perfekte Sofware-Community aus?
Ich denke, dass die Abwanderung der reinen Blogger eher in Richtung WP.com passiert und somit dem System WordPress zahlenmäßig nicht schadet. Die Konkurrenz wären Squarespace, Wix, etc. – und genau die hat Matt ja auch in Auge.
Hallo Caspar, hallo Torsten,
nun finde ich Zeit endlich mich auch an dieser Diskussion zu beteiligen.
„Ich denke, dass die Abwanderung der reinen Blogger eher in Richtung WP.com passiert und somit dem System WordPress zahlenmäßig nicht schadet.“
Ich weiß nicht. Dies könnte evtl. für den US-Markt zutreffen, aber hier oder auch im restlichen Europa spielt sich sehr viel auf Facebook ab. Und zwar nicht nur privates sondern auch Geschäftliches. Der Vorteil einer selbst-gehosteten Lösung ist, dass ich der „Herr im Hause“ bin. Wenn ich dass dann an einen Dienstleister abtrete, dann verliere ich das alles … egal ob das wp.com oder Facebook ist. Wenn man sich die Möglichkeiten von Facebook anschaut, die dort geboten werden (Marketing, Werbung, Stats), dann würde für mich im „Kampf“ Facebook vs. wp.com, Facebook eindeutig besser abschneiden bzw. bietet einfach mehr.
Hi Vlad, willkommen am Kaminfeuer, schnapp’ dir ’nen Schaukelstuhl. 😉
Den Vergleich mit FB finde ich interessant. Ich selbst bin da seit Jahren raus und habe null Überblick, welche Möglichkeiten die Plattform in Sachen eigener Internetauftritt bietet – außer dass ich im Plugin-Support regelmäßig mit schlecht performenden Integrationen zu tun habe. Hatte eher so Leute wie Jimdo, oder die in letzter Zeit viel zitierten Wix und Squarespace als Mitbewerber von WP.com im Auge.
Ich sehe das grundsätzlich auch eher so wie Vald, aber – und das ist hier das Entscheidende – nicht wegen der Entwicklung von WP selber, was ja die Ursprungsthese oben war. Facebook ist in vielen Bereichen so dominant und agiert wie eine Kolonialmacht, dass ich glaube, dass wir da auch erst am Anfang des Schreckens stehen. Um wirklich ernsthaft Reichweite aufzubauen und Aufmerksamkeit zu generiere ist es schon jetzt praktisch unerlässlich und es arbeitet sehr drastisch daran, sich noch unerlässlicher zu machen. Von den konkreten Beispielen mal abgesehen finde ich die Zahlen zu den Likes/Retweets, die bei Rivva unter den Beiträgen stehen immer sehr erhellend, was das angeht.
Ich habe vor Jahren längere Zeit an Postnuke, später Zikula mitentwickelt und ich bin erstaunt, wie viele der Diskussionen, die wir vor 6,7,8 Jahren in der Community geführt haben, heute auch bei WordPress laufen.
Gestartet ist alles 2001 als einfaches News-Skript, wurde dann PHPNuke. Aus Streit über den Weg in Sachen Security hat sich dann Postnuke abgespalten. Aus Streit über das Theming hat sich von Postnuke ein Teil abgespalten usw. Irgendwann haben die Entwickler alles neu programmiert und was eigentlich Postnuke 1.0 werden sollte wurde Zikula 1.0 – bis dahin hatte das System aber einen guten Teil seiner Community verloren. Inzwischen hat Zikula eine extrem moderne Architektur mit eigenen MSDN-Tools, das komplette Module ausschmeißt.
WordPress hat vermutlich einen guten Teil der ehemaligen *Nuke-Community absorbiert – zumindest die Zielgruppe. Und ich erinner mich, auch damals gab es auf der einen Seite die Entwickler, die alles schlank halten wollten und die Anwender, die Komplettlösungen haben wollten, in denen alles per Button im Backend geregelt wird.
Mich nervt es manchmal bei WordPress, dass es 10 Jahre nach Postnuke immer noch keine konsequente Trennung zwischen Business- und Display-Logik gibt. Nur die Themes sind in der Regel anpassbar. Plugins nutzen nie Templates und die kann man sie nie überschreiben.
Das hat Zikula auf die Spitze getrieben – im Prinzip kann werden mit dem System, mit den Plugins, mit den Themes nur die Default-Funktionen geliefert – alles kann mit eigenen Dateien überschrieben werden. Child-Themes für ALLES.
Das kann nur keiner. Ich bin sicher 98% der WordPress-Nutzer fassen niemals irgendeine Text-Datei an. Es ist eine nicht zu unterschätzende Stärke von WordPress, dass trotzdem oder gerade deswegen so extrem viele Nutzer glücklich mit dem System sind.
Klar – als langjährige Entwickler langweilt man sich irgendwann. Es mag 44000 Plugins geben. Aber man kennt das Dutzend Plugins, das man selbst überhaupt jemand installieren würde. Es gibt 3000 Themes – aber man baut sich seines sowieso selbst.
Ich habe nach meinem Abschied von Zikula mit WordPress ein System gefunden, das alles kann, was ich brauch und das sich für meinen Geschmack genügend dafür engagiert, dass das Kernsystem mir als Autor eine gute Balance aus Features und einfacher Bedienung bietet.